Weshalb fällt es Menschen so schwer Grenzen zu setzen, ein klares NEIN aussprechen? Grenzen setzen hat doch nichts zu tun mit Egoismus oder Arroganz. Jeder Mensch braucht Grenzen, sie bestimmen unseren Selbstwert und die Verbindung mit anderen Menschen.
Ich liebe Menschen und ich liebe es, mit Menschen zu kommunizieren. Und noch viel mehr liebe ich es, wenn ich ein starkes Gegenüber habe. Starke Menschen mit Charisma sind attraktiv, weil sie klar und echt sind. Sie zeigen sich, sie zeigen ihre Grenzen und somit weiss man unmissverständlich wen man vor sich hat. Nun kann man selbst entscheiden ob man sie mag oder nicht.
Starke Menschen mit klaren Grenzen sind weder aggressiv noch arrogant. Sie kennen sich ganz einfach, haben einen gesunden Selbstwert und Selbstvertrauen. Grenzen setzen und NEIN sagen bedeutet nicht, herrisch, laut oder zickig für sich einzustehen. Man kann durchaus stilvoll Grenzen setzen.
DIE INNERE HALTUNG MACHT ES AUS
Wer kennt nicht den Spruch: Wie innen so aussen. Wie soll ich gegen aussen Grenzen setzen, wenn ich innerlich gar keine habe? Jeder Mensch hat übrigens seine Grenzen an einem anderen Punkt. Für den einen ist etwas „schlimm“, während der andere mit dem gleichen Thema ganz gelassen bleibt. Doch das ist jetzt nicht unser Thema, es geht hier um deine Grenzen, die du wahrnehmen solltest. Was mir schon oft aufgefallen ist, sobald Menschen ihre Grenzen richtig wahrnehmen und dafür einstehen können, werden sie viel gelassener und toleranter. Das nennt man Selbstbewusstsein. Klare Grenzen wahrnehmen und setzen stärkt ganz eindeutig unser Selbstbewusstsein.
WESHALB HÖREN WIR NICHT AUF UNSERE GRENZEN
Dabei spüren wir doch ganz deutlich, wenn jemand unsere Grenze überschritten hat. Es ist dieses unangenehme Gefühl in uns. Wir fühlen uns gestresst, genervt oder überfordert. Weshalb hören wir nicht darauf? Unternehmen nichts, obwohl unser Körper reagiert und uns klare Signale sendet? Wieviele Menschen leiden heute unter Burnout oder Depressionen? Viele, zuviele! Ich behaupte, die meisten von ihnen können keine klaren Grenzen setzen. Meist stecken alte Muster dahinter, aus unserer Kindheit. Viele sind mit Schuldgefühlen aufgewachsen. Bekamen kein Recht, Grenzen zu setzen, geschweige denn für diese einzustehen. Die eigenen Grenzen wurden ignoriert, bis man sie schliesslich selber komplett ausgelöscht hat. Somit hatte die eigene Persönlichkeit keine Möglichkeit sich gesund zu entwickeln. Hauptsache der Schein gegen aussen wurde gewahrt. Das sind die Folgen an denen unsere Gesellschaft heute zu beissen hat. Leider läuft in der heutigen Erziehung oft genau das Gegenteil: Grenzenlos. Aber hey, egal wie du es erlebt hast, du kannst es ändern, wieder anfangen dir das ok zu geben, für dich einzustehen. Du darfst, ja du musst Grenzen setzen. Sonst wirst du irgendwann aufgefressen. Meist dann, wenn dein Körper dir Grenzen setzt. Soweit muss es gar nicht erst kommen.
DIE EIGENEN GRENZEN BEWUSST MACHEN
Wenn du deine Grenzen stärken möchtest, dann musst du dir erst einmal erlauben, überhaupt eine Grenze zu haben und diese auch zu schützen. Und die Voraussetzung dafür ist wiederum, die eigene Grenze genau zu kennen.
Wo genau verlaufen also deine Grenzen?
- Welche deiner Bedürfnisse sind dir so wichtig, dass deren Missachtung eine Grenzüberschreitung für dich bedeutet? (Zum Beispiel mein Bedürfnis nach Ruhe, Respekt oder Fairness)
- Was ist dir so wichtig, dass du dafür kämpfst, wenn diese für dich wichtige Sache durch andere verletzt wird?
- Welches Verhalten anderer Menschen verletzt deine Grenzen? Was ist für dich nicht in Ordnung? Was muss jemand tun, um deine Grenzen zu überschreiten?
- Was bist du nicht länger bereit zu tolerieren?
- Wann hast du dich das letzte Mal im Kontakt zu einem anderen Menschen schlecht gefühlt und welche deiner Grenzen wurde da eventuell überschritten?
Und auf der anderen Seite aber auch:
- Wann und wo erlaubst du anderen Menschen, auch nahe an dich heranzukommen?
- Wer darf in welcher Situation Dinge, die andere nicht dürfen?
- Welchen Menschen erlaubst du was? (Von wem nimmst du zum Beispiel Kritik an und von wem eher nicht?)
Mit diesen Fragen kannst du deine Grenzen kennenlernen. Und das ist auch wichtig. Denn der erste Schritt zu einer besseren Grenzverteidigung besteht immer darin, sich die eigenen Grenzen bewusst zu machen. Also … was sind deine Grenzen?
STILVOLL GRENZEN SETZEN
Um die eigenen Grenzen zu verteidigen muss man auch ein gewisses Maß an Konfliktbereitschaft mitbringen. Das heißt, du musst es dir selbst erlauben, in einen möglichen Konflikt reinzugehen und diesen auch auszuhalten.
Oft trauen wir uns das nicht, weil wir dann Angst haben, dass andere uns nicht mehr mögen. Aber paradoxerweise mögen und respektieren wir normalerweise andere Menschen, die freundlich, aber bestimmt sagen, was sie wollen und was sie nicht wollen.
Das heißt, ein weiterer Lernpfad für dich könnte es sein, gut und sauber Streiten zu lernen. Mir helfen dabei zwei Dinge:
- „Sei hart in der Sache und weich mit den Menschen.“ Also stehe zu deinen Grenzen. Sage klar, was du willst. Sei hart bei deinen Interessen und Bedürfnissen. Gleichzeitig bist du aber höflich, respektvoll und verständnisvoll mit deinem Gegenüber. Und sei auch bereit, Positionen zu verlassen, wenn du merkst, dass du deine Interessen auch auf anderem Wege durchsetzen kannst.
- Bleibe immer bei dir. Und trenne sauber das, was passiert ist (die Fakten), und die eigene gefühlsmäßige Reaktion auf das, was passiert ist. Nimm deine Bedürfnisse wahr und lerne, deine Bedürfnisse einzufordern, ohne dem anderen Vorwürfe zu machen. Kein Zickenalarm!
Und mache dir immer klar: Es ist dein Recht einzufordern, was du brauchst. Und wenn dein Gegenüber darauf eingeschnappt oder aggressiv reagiert, dann bleibe möglichst ruhig und sachlich und lege deinen Punkt so lange dar, bis der andere verstanden hat, worum es dir geht.
Und wenn jemand über lange Zeit überhaupt nicht bereit ist, deine Grenzen zu respektieren, dann ist auch die Frage erlaubt, ob dieser Mensch langfristig ein fester Bestandteil deines Lebens sein soll.
ANGST VOR KONFLIKTEN?
Kindern Grenzen setzen ist so ein Thema, welches mir oft begegnet. Wahnsinn, wie viele Mütter oder grundsätzlich Eltern sich so schwer damit tun, ihren Kindern klare Grenzen zu setzen. Dabei fängt es doch genau damit an! Wie soll ich andern Menschen Grenzen setzen, wenn ich es nicht mal bei meinen eigenen Kindern schaffe! Auf meine Frage hin, warum setzt du deinen Kindern keine klaren Grenzen, obwohl du davon so genervt bist, bekomme ich fast durchwegs dieselbe Antwort. „Dann gibt es wieder ein Theater!“ Wie bitte? Ich habe Angst vor einem Theater mit meinen eigenen Kindern? Ist das wirklich noch gesund? Wie sollen sich unsere Kinder gesund entwickeln, konfliktfähig, zu anständigen respektvollen und selbstbewussten Erwachsenen werden, wenn wir es ihnen nicht lernen, aus ANGST VOR EINEM THEATER!
EIN KLEINER TEST
Wenn du Lust hast, mache doch mal ein kleines Experiment. Überleg dir kurz ein oder zwei Situationen, in denen Menschen in den letzten Wochen deine Grenzen überschritten haben. Hast du die Situationen vor Augen? Ja? Prima.
Dann überlege doch einmal, wie du anders reagiert hättest und wie die Situation im besten Fall anders gelaufen wäre…
- wenn du deine Grenzen klar kennst
- wenn du dir deine Grenzen zugestehst,
- wenn dein Selbstwertgefühl intakt ist und
- wenn du kein Problem damit hast, in einen Konflikt reinzugehen.
Wie wäre das?
Falls es dir noch nicht gelingt, für dich einzustehen, klare Grenzen zu setzen oder ein klares NEIN auszusprechen, ohne danach von Schuldgefühlen gequält zu werden, dann möchte ich dich ermutigen, dich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Es ist eine echte Befreiung, Grenzen zu setzen – mit Stil! Gerne unterstütze ich Dich auf dem Weg dorthin.
Herzlichst Corinne